alte Flugzeugnachbildung von Santo Dumont erstem Flugzeug in Sao Jose dos Campos
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São José dos Campos

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In São José dos Campos lebt die brasilianische Familie, die ich besucht habe. Die Stadt liegt ungefähr zwei Stunden von São Paulo entfernt und hat ca. 600 000 Einwohner*innen.

Besonders bekannt ist die Stadt als Industriestadt, zum Beispiel für einen großen Flugzeughersteller und ein Unternehmen, welches dort Raketen baut. 

Deswegen gibt es in einem Park in der Stadt Statuen von Raketen, einem Flugzeug und einem weiteren alten Flugzeug. Und das hat eine interessante Geschichte: In Brasilien ist man fest davon überzeugt, dass nicht die Wright-Brüder das Fliegen erfunden haben, sondern Alberto Santos Dumont. Er soll ungefähr zur gleichen Zeit wie die Wright-Brüder geforscht haben und sogar früher vom Boden und nicht von einem Berg aus geflogen sein. Anders als die Wright-Brüder hatte er allerdings kein Interesse an der Kommerzialisierung seiner Erfindung und deshalb sind die Wright-Brüder und nicht er als Erfinder des Fliegens in die Geschichte eingegangen. So wird es sich jedenfalls in Brasilien erzählt.

Eine Metall-Nachbildung eben dieses ersten Flugzeugs von Santo Dumont ist in dem Park nachgestellt.

Auf einem Parkplatz vor dem Park findet jeden Dienstagmorgen ein Markt mit frischen Früchten, Gemüse, Fisch und Fleisch statt, den wir zweimal besucht haben. Hier wird eine Vielzahl von Früchten angeboten, wie ich es noch nie gesehen habe. Allein Bananen kommen in mehr als sechs Sorten vor. Natürlich habe ich viele der exotischen Früchte probiert, die es sonst bei uns nicht gibt. Aber auch die, die es bei uns gibt, schmecken hier natürlich um einiges besser.

Der Markt ist immer gut besucht und endet bei vielen mit dem Kauf eines Pastels. Eine frittierte Teigtasche, die mit Fleisch oder Gemüse gefüllt ist. Mein persönlicher Favorit; Palmito. Das Innere der Palme.

Und wie sollte es anders sein, konnte man sich auf dem Markt natürlich auch Kokosnusswasser und Zuckerrohrwasser kaufen. Beides gemischt schmeckt auch sehr gut.

Während meiner Zeit in Brasilien habe ich viel Exotisches gegessen und war begeistert.

Meistens jedenfalls. Mais-Saft war mir dann doch etwas zu süß…

Wiegen-Mittagessenrestaurant, Brasilien

In Brasilien gehen die Menschen gerne Mittagessen. Das sind dann meistens Restaurants, in denen es ein üppiges Buffet gibt und am Ende wird der (viel zu große) Teller dann gewogen und entsprechend bezahlt.

Eine clevere und vor allem schnelle Lösung für ein Mittagessen. Auch das habe ich einmal ausprobiert.

Kuchenladen, Brasilien

Außerdem sind Kuchen sehr beliebt. Vor allem zum Frühstück. So gibt es mehrere „Kuchenhäuser“ , die nur Kuchen verkaufen. Diese sind dabei nicht sonderlich verziert oder gar tortenähnlich. Mein persönlicher Favorit: Orangenkuchen.

Was auch hoch im Rennen ist, sind Pão da Queijo. Kleine Bällchen aus Käse. Der Käse schmeckt nicht besonders aromatisch und das Bällchen hat von innen eine eher etwas gummiartige Konsistenz. Ist als Snack aber trotzdem sehr lecker.

Açaí Eise, Brasilien

Abgesehen davon habe ich auch Açaii als Eis-Variation probiert. Diese Frucht ist sehr typisch für Brasilien und vor allem als „Sorbet“ bei jungen Leuten hoch im Rennen. Mir hat es sehr gut geschmeckt.

Eine beliebte Süßigkeit ist „Brigadeiro“, eine Masse bestehend aus kondensierter Milch, die sehr süß ist, Sahne und Kakaopulver. Wir haben diese Süßigkeit selbst zubereitet und dann als Kuchenglasur verwendet. Sehr lecker, aber auch sehr süß.

Brigadeiro kann auch als Eis oder klassisch in Kugeln gegessen werden. 

Ein anderer Park auf einem ehemaligen Krankenhausgelände, den wir besucht haben, war auch sehr schön. Vor allem die großen Hühner, die in ihm frei herumlaufen, hatte ich nicht erwartet.

Das ehemalige Krankenhaus Vicenta Aranha Sanatorium wurde 1924 eröffnet, war das damals Größte des Landes und besonders spezialisiert darauf, Tuberkulose zu heilen. 

Wir haben uns noch einen weiteren Park, den „Stadtpark“, angesehen. Der war riesig. Weite Grünflächen, große Seen und viele Pflanzen. Hier waren wir lange spazieren. 

Und ich habe ein ganz besonderes Tier gesehen. Für Brasilianer*innen ist es zwar nicht besonders, aber für mich als Deutsche schon: Capybaras, sie sehen fast aus wie Riesenhamster. Ich habe leider nur eins aus der Ferne beobachten können.

Capybara, Brasilien
Capybara aus der Ferne

Dafür sind in Brasilien Eichhörnchen sehr selten. Und die fand die brasilianische Familie im Park dafür sehr interessant. 

In dem Stadtpark steht ein altes Haus, welches in den 60ern errichtet wurde. Das Haus und das Arial des Parks gehörten einst einem reichen Industriellen, der seine Firma in der Nähe hatte.

Wir haben uns außerdem noch „Downtown“ der Stadt angeschaut, wo außer einem Markt nicht sehr viel los war. In Brasilien sind Geschäfte nämlich meistens gar nicht auf der Straße, sondern in Einkaufszentren. Und die sind wirklich riesig. Allein São José dos Campos hat drei Einkaufszentren.

Das Zentrum der Stadt liegt direkt an einem großen geschützten Naturreservat, welches man nicht betreten darf. Es leben zwar noch ein paar Menschen an der Außengrenze des Reservats, allerdings bemühen sich die Behörden aktuell um einen Umzug der Bewohner*innen. 

Naturreservat in São José dos Campos

Natürlich habe ich auch abseits dieser „Sehenswürdigkeiten“ viel Zeit mit der Familie verbracht. 

So habe ich neben all den positiven Impressionen auch festgestellt, dass das brasilianische Schulsystem nicht sehr vielfältig ist. Abgesehen davon, dass alle Schüler*innen, dessen Eltern es sich einigermaßen leisten können, auf Privatschulen gehen (müssen), ist die Fächerdichte sehr gering und weit beschränkt auf Naturwissenschaften. Die Tochter der Familie ist gerade in ihrem letzten Schuljahr und hat nur Portugiesisch, Geschichte, Erdkunde, Mathematik, Chemie, Biologie und Physik. Englisch gibt es nicht mehr, sobald man ein bestimmtes Level erreicht hat (und das ist nicht besonders hoch) und wählen können sie gar nicht. Da war ich echt sehr dankbar für das deutsche Schulsystem, was ja doch einiges an Individualität zulässt.

Eine großartige Sache, die ich in Brasilien erlebt habe, ist der Umgang mit Psychotherapie.

Therapie ist hier so normal, wie zum Zahnarzt zu gehen. Gut alle zwei Wochen gehen viele Brasilianer*innen zur Therapie, um über alles Mögliche zu sprechen, sich eine andere Meinung einzuholen und natürlich auch, um Problemen auf den Grund zu gehen.

Man wird auch nicht direkt als „krank“ abgetan, wenn man in Therapie ist und trägt auch keine beruflichen Schäden oder Versicherungsnachteile davon.

Ich war total beeindruckt.

Nachdem die Familie mich wie ein Mitglied aufgenommen hat, mit mir vieles unternommen und mir Einiges gezeigt hat, ging es für mich dann weiter nach Ecuador.

Der Abschied war sehr emotional, aber ich bin mir sicher, dass wir uns noch einmal wiedersehen werden, denn schließlich besteht der Kontakt schon seit über 30 Jahren.

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