Relativ spontan ging es Mitte Juni für mich auf meine nächste einmonatige Reise: Backpacking mit dem Zug durch Spanien und Portugal. Das Ganze habe ich mit Interrail umgesetzt. Interrail bzw. Eurail ist ein Angebot, bei dem ein Pass für einen Fixpreis erworben werden kann und damit dann mit (fast) allen möglichen Zügen innerhalb Europas gereist werden kann. Eine kostengünstigere und vor allem umweltfreundlichere Alternative zum Reisen mit Flugzeug oder Auto für junge Menschen.
Der spontane „Ich habe meinen Rucksack, bin ohne genauen Plan und steige einfach in irgendeinen Zug nach irgendwohin ein“ – Aspekt ist im Endeffekt für mich jedoch weggefallen, da die meisten Züge eine Sitzplatzreservierung erfordern und die Hostels im Sommer schnell ausgebucht oder exorbitant teuer werden.
Dennoch war der Trip eine unvergessliche Reise und einige meiner Eindrücke möchte ich auch auf meinem Blog festhalten.
Die zweiwöchige Spanien-Etappe habe ich zum größten Teil nicht alleine, sondern gemeinsam mit Max beschritten.
Für unseren ersten Stop in Barcelona hatten wir eine Zugverbindung, die uns einen vierstündigen Aufenthalt in Paris gewährte. Wir konnten also ein schnelles Sightseeing von Champs-Élysées, L‘arc de Triomphe, Eiffelturm, Louvre und Notre-Dame (natürlich nur von außen), Jardin de Tuleries und Jardin du Luxembourg einlegen, bevor es für uns in den nächsten Zug ging.
Barcelona
Obwohl wir vier volle Tage in Barcelona hatten, konnten wir bei Weitem natürlich nicht alles sehen.
Zu den klassischen Sehenswürdigkeiten, die wir uns angeschaut haben, gehörten die Sagrada Famila, der Park Güell, das Casa Mila, das Picassomuseum sowie der Arc de Triomf.
Besonders beeindruckt war ich persönlich von der Sagrada Familia und dem Park Güell. Gaudí hat mit der Sagrada Familia ein lebendig erscheinendes Naturgebilde geschaffen, welches einen einzigartigen Bezug zur Religion und vor allem zu Jesus herstellt. Zumal das Bauwerk auch immer noch nicht fertig ist, was die Ausmaße von Gaudís Idee nur noch unterstreicht.
Der Park Güell lädt zum Spazieren und Bewundern ein. Vor allem die mosaikverzierten Terrassen und Springbrunnen wirken außergewöhnlich. Der Park besteht aber vor allem aus großflächigen vielfältigen Gärten mit verschiedensten Pflanzen.
Besonders genossen haben wir die Viertel barri gotic und El Born. Hier findet man neben besonders alten Gebäuden, viel Street Art sowie Kunstgalerien abends auch eine lebendige Bar und Restaurant-Szene.
Sehr schön war auch der Ciutadella Park mit seinem majestätischen Springbrunnen und der Palau de la Musica Catalana, der von außen fast gänzlich unscheinbar erscheint, von innen allerdings einer pompösen Oper gleicht.
Für mich war es ebenfalls besonders aufregend, den Spuren von Carlos Ruiz Zafón aus seinen Romanen auf den Grund zu gehen. Die Straße, in der der Friedhof der vergessenen Bücher liegen soll, das Buchgeschäft der Semperes sowie das Kult-Kaffee Els Quatre Gats gehörten hier natürlich unbedingt dazu.
Den letzten Abend haben wir auf dem Turó de la Rovira bzw. Bunkers verbracht. Ein toller Ort, um den Sonnenuntergang mit traumhaftem Blick auf die Stadt zu genießen und besonders beliebt bei jungen Leuten.
In Barcelona habe ich ebenfalls das Konzept von (free) walking tours lieben gelernt. In jeder Stadt auf diesem Trip habe ich an so einer Tour teilgenommen, wenn es die Möglichkeit gab. Das hat enorm geholfen, um sich erst einmal einen Überblick über die Stadt und ihre Geschichte zu schaffen.
Generell waren wir von Barcelona positiv überrascht. Obwohl diese Stadt natürlich alles andere als ein Geheimtipp ist, ist sie allen Erwartungen gerecht geworden (nur das Casa Mila würde ich nicht empfehlen, wir haben bei der Audio-Guide-Tour der Sagrada Familia viel mehr über Gaudís Bauwerke und Leben erfahren). Außerdem haben wir außer katalanischen Straßenschildern und Speisen sehr wenig vom Unabhängigkeitswunsch Kataloniens mitbekommen. Zu unserer Freude konnten wir uns auch überall problemlos auf Spanisch unterhalten und haben tatsächlich nur ein einziges Mal katalanisch gehört.
Granada
Zum ersten Mal Andalusien gehört natürlich Granada und die Alhambra.
Diese majestätische Festung haben wir direkt am ersten Tag besichtigt und haben dort fünf Stunden verbracht. Die Pracht der Gärten, die Verteidigungsmauern, die Schauplätze und natürlich die Nasriden Paläste zu bewundern, benötigte einiges an Zeit.
Obwohl man in ganz Granada den arabischen Einfluss deutlich spürt, war dies in der Alhambra noch einmal viel mehr konzentriert und auf eine Spitze der Extravaganz getrieben.
Granada ist nicht besonders weitläufig. Wir konnten alles zu Fuß besichtigen, was auch eigentlich das Schönste an der Stadt war; einfach durch die Viertel zu laufen, diverse Kirchen, andere arabische Paläste und Bäder zu bewundern sowie Aussichtsplattformen zu besteigen. Abseits der Innenstadt, besonders im Viertel Sacromonte, indem man sich vor allem Flamenco Shows ansehen kann, wirkt Granada fast schon wie ein kleines Dorf.
Cádiz
Cádiz habe ich alleine besucht und hätte mir keine bessere Stadt vorstellen können, um das erste Mal ganz alleine unterwegs zu sein.
Cádiz ist die älteste Stadt Europas und war zu Zeiten der Römer aufgrund der praktischen Meerlage von großer Bedeutung für den europäischen Handel.
In der Stadt finden sich wegen der historischen Bedeutung viele Ruinen von Burgen, eines alten römischen Amphitheaters sowie diverser Beobachtungstürme. Besonders typisch für Cádiz ist jedoch die große Kathedrale, die Strandpromenade mit den bunten Häusern und die Callejon del Duende.
Tatsächlich wurde der James Bonds Teil „Stirb an einem anderen Tag“ nicht in Kuba, sondern in Cádiz gedreht. Und eigentlich hat sich Kuba seine typischen bunten Häuser am Wasser von Cádiz abgeschaut.
Die Callejon del Duende (Gasse des Kobolds) erzählt eine lustige Geschichte von einem wohlhabenden Mann, der, um nachts nicht erkannt zu werden, seinen Gang verändert hat und so von den Bewohnenden für einen Kobold gehalten wurde und stets durch diese kleine Gasse gegangen ist. Als er erwischt wurde, wurde sein Name allerdings nicht verraten. Diese Straße ist seitdem Pilgerort für viele Flamenco-Tänzer*innen und Musiker*innen und soll ihnen Glück für eine erfolgreiche Karriere bringen.
Außerdem rankt sich um Cádiz die Legende, dass Herkules selbst die Stadt geschaffen haben soll. So ist er sogar als Statue auf dem Rathaus vertreten.
Die Stadt war voll von solchen Legenden und historischen Wichtigkeiten an jeder Ecke, was sie für mich zu einem der Highlights des gesamten Trips gemacht hat.
Außerdem verfügt sie über außergewöhnlich schöne Parkanlagen, von denen aus man einen traumhaften Blick auf einen kitschigen Sonnenuntergang im Meer hat sowie einem kleinen Strand mit alten Fischerbooten.
Herausragend war in Cádiz auch das Essen mit sehr leckeren Tapas, von denen ich einige vorher noch nie probiert hatte und tollem Wein.
Vor allem war es für mich aber die erste Erfahrung, ganz allein zu reisen. Ich habe diese Erfahrung sehr genossen und gemerkt, wie einfach es ist, neue Menschen (zumindest in Hostels) kennenzulernen.
Sevilla
Der letzte Stop in Spanien war die andalusische Hauptstadt. Hier war ich wieder gemeinsam mit Max unterwegs. Auch hier war der arabische Einfluss deutlich spürbar. Allerdings nahm man hier auch häufig den Einfluss der römischen, arabischen und christlichen Kultur auf einmal wahr. Wie zum Beispiel in der Giralda, dem Turm an der Kathedrale, welcher ursprünglich als Minarett gedient hat und dann zu einem Glockenturm umfunktioniert wurde.
So befanden sich viele Gebäude in Sevilla zu verschiedener Zeit in kulturell unterschiedlicher Hand.
Neben dem Alcazar Palast, welcher ebenfalls von außergewöhnlicher Architektur beeindruckte (und der u.a. als Kulisse für Game of Thrones diente), gefiel uns besonders der Plaza de España und die Real Maestranza, die Stierkampfarena von Sevilla.
Der Plaza de España ist an Ausdrucksstärke kaum zu überbieten. Als Sevilla zu Ehren der iberoamerikanischen Zusammenarbeit verschieden Pavillons für die beteiligten Länder schuf, erhielt Spanien natürlich ein extravagantes Denkmal. Alle Provinzen Spaniens und ihr bedeutendstes historisches Ereignis sind in Mosaikbildern an der Wand der Türme auf dem Platz verewigt. Außerdem können Besuchende sich Boote leihen und über den Fluss am Platz durch die Brücken, die die Einigung Spaniens aus den ehemaligen Königshäusern darstellen, hindurch paddeln.
Hier erhält man meistens auch eine Vorstellung von leidenschaftlichen Flamenco-Straßen-Tänzer*innen.
Mit der Stierkampfarena erhielten wir einen Zugang zu einer kulturellen Wichtigkeit Andalusiens. Beim Durchschreiten der Anlage wird erst richtig bewusst, wie viel Tradition im Stierkampf steckt und wie wichtig dieser für sie Spanier*innen immer noch ist.
In Sevilla wird dieser auch noch regelmäßig praktiziert. Fast jede Woche findet noch ein Stierkampf statt, obwohl die Zeremonie natürlich vom Tierschutz mittlerweile äußerst kritisch hinterfragt wird.
Interessant war außerdem die Altstadt und mitten in ihr die Setas bzw. das Metropol Parasol. Diese moderne gigantische Holzarchitektur scheint eigentlich kaum ins Bild der Stadt zu passen, ist aber mittlerweile typisch für Sevilla.
Sevilla strotzte außerdem von vielen leckeren Tapas Restaurants, in denen Gazpacho stets Standard war. Diese eiskalte Gemüse-/ Tomatensuppe haben wir immer sehr genossen.
Die Reise durch Spanien war wunderschön. Obwohl ich in meinem Leben schon viel Zeit in Spanien verbracht habe, war ich bisher noch nie in Andalusien gewesen und habe den Süden Spaniens sehr genossen. Der arabische Einfluss ist außergewöhnlich. Generell ist es äußerst beachtlich, wie viel Geschichte sich im Süden tummelt. Natürlich habe ich mich auch sehr über das leckere Essen und besonders die Tapas-Kultur gefreut, genauso wie mein Spanisch wieder live und in Farbe testen zu können.
Interrail hat in Spanien auch gut funktioniert. Zwar benötigte man stets Sitzplatzreservierungen und konnte diese auch nur an einem spanischen Bahnhof vornehmen (was das Ganze etwas riskant gestaltete), allerdings hat das gegen einen kleinen Aufpreis immer zuverlässig funktioniert. Die Züge waren außerdem äußerst modern und immer pünktlich.
Für meine erste Backpacking Erfahrung mit Interrail in Spanien war ich also mehr als dankbar.
Für mich ging es dann allein weiter nach Portugal.